Afrika, der geschundene und ausgeplünderte Kontinent, brennt Henning Mankell und uns von der tri-bühne gleichermaßen auf der Seele und so wurden wir uns schnell einig: Der schwedische Bestsellerautor und Schöpfer der "Wallander"-Romane, bildet mit einer Auftragsarbeit den thematischen Schwerpunkt des diesjährigen Stuttgarter Europa Theater Treffens (SETT). Die Inszenierung entsteht als Koproduktion zwischen dem Teatro Avenida (Maputo) und der tri-bühne.

Henning Mankell, der sich in seinen Kriminal- und Afrikaromanen immer wieder mit dem Phänomen rassistischer Gewalt auseinander gesetzt hat, erscheint hier nicht nur als Fachmann in Sachen Psychologie, sondern auch als Botschafter der Kulturen, wobei der Europagedanke im Zeitalter von Globalisierung und Migration einen neuen Stellenwert erhalten dürfte. Gemeinsam mit ihren deutschen Kollegen von der tri-bühne werden die beiden mosambikanischen Schauspieler Adelino Branquinho und Jorge Vaz in Stuttgart Mankells Stück erarbeiten. Für die Inszenierung wird Edith Koerber verantwortlich zeichnen. Die Uraufführung von "Dunkles Brot und tote Blumen" erfolgt am 5. Dezember 2003.


Dunkles Brot und tote Blumen

Von Henning Mankell
Koproduktion Teatro Avenida, Maputo / Theater tri-bühne
Uraufführung - Auftragswerk des Festivals

- In deutscher, portugiesischer und englischer Sprache -

Inszenierung: Edith Koerber
Bühnenbild und Kostüme: Sylvia Wanke

"Felix": Jorge Vaz / Tobias Strobel
"Stefano": Adelino Branquinho / Cornelius Nieden
"Hanna": Julia Bardosch
"Rainer": Martin Rother
Musiker: Martin Moffor

Eine Geschichte voller Poesie und Tragik, Spannung und philosophischer Gedanken - und die Geschichte eines Mordes. 
Henning Mankell zeichnet das Bild von jungen Menschen, die - von der Gesellschaft ausgestoßen und in den Rechtsradikalismus geflüchtet - nur noch mit Gewalt auf das Unbekannte und Fremde reagieren können. 
Die Ermordung des Mosambikaners Alberto Adriano vor drei Jahren in Dessau diente Henning Mankell als Ausgangsbasis für sein Stück. Es ist kein Dokudrama, es eröffnet überraschende Perspektiven. Mozambikanische und deutsche Schauspieler überwinden die Sprachbarriere und gehen gemeinsam auf die Suche... 

Dauer der Aufführung: ca. 1 Stunde und 45 Minuten


La Femme Fantôme

Von Kay Adshead
Théâtre Gérard Philipe de Sanit-Denis, Paris

In französischer Sprache mit deutscher Übertitelung

Inszenierung: Michael Batz
Licht: Julia Grand
Bühnenbild : Michael Batz
Kostüme: Monique Proville
Musik: Julien Goualo

Darsteller: Nadège Beausson-Diagne
Julien Goualo

"Eine junge Frau, deren Vornamen man nicht erfährt, musste aus ihrer Heimat in Afrika flüchten, weil sie einen regimekritischen Artikel verfasst hat und deshalb ihre gesamte Familie umgebracht wurde. Nun sitzt sie im Einwanderungsbüro in Untersuchungshaft und muss sich für ihre illegale Einreise verantworten...
Nadège Beausson-Diagne stürzt sich mit einer Unzahl von Färbungen in einen wahren schauspielerischen Marathon. Mal ist sie die getriebene Flüchtige, mal die Asylbewerberin, die einem Einwanderungsbeamten gegenüber sitzt, dann spielt sie diesen Beamten in all seinem Ausdruck und seinen Schattierungen. Ein Rollenwechsel, der Beausson-Diagne virtuos von einer Sekunde auf die andere gelingt.
Alltäglichkeiten aufzeichnend, ist La Femme Fantôme eine Chronik des unvermeidbaren Unglücks. Das Stück fordert - und bekommt - von der Schauspielerin eine phänomenale schauspielerische Wandlungsfähigkeit."
(Libération)

Dauer: ca. 1 Stunde 40 Minuten


Le Costume

Von Can Themba
Théâtre Bouffes du Nord, Paris

In französischer Sprache mit deutscher Übertitelung

Inszenierung: Peter Brook
Licht: Philippe Vialatte
Ausstattung: Chloé

"Philémon": Isaac Koundé
"Maphikela": Hassane Kouyaté
"Matilda": Sara Martins
"KK", "Joe": Tony Mpoudja

"Brook's pure Ökonomie der Bewegungen und Gesten, streng und kristallklar, fokussiert auf den innersten Kern der Geschichte. Philémon ertappt seine Frau Matilda beim Ehebruch und bestraft sie, indem er sie zwingt, den bei der Flucht zurückgebliebenen Anzug ihres Liebhabers wie einen ehrenvollen Gast zu behandeln.
Es geht um Grausamkeit und Leiden. Was getan wurde, kann nicht mehr ungeschehen gemacht werden. Ehemann und Ehefrau sind gefangen: sie werden zu Co-Verschwörern und gleichzeitig Opfern. Das Leben wird zum Theater in dem beide sowohl Akteure als auch Zuschauer sind. Gleichzeitig versüßt Brook die bittere Geschichte mit fröhlichem Charme. 
Das Spiel ist von strenger, traumhafter Einfachheit: Kein anderer Regisseur ist dazu in der Lage, auf solche Weise die brutale Realität mit überbordender Magie zu verschmelzen."
(The Sunday Times)

Dauer: ca. 1 Stunde 20 Minuten


Wind der Apokalypse

Komposition: Ulrich Süsse
Texte: Paulina Chiziane

Koproduktion Musik der Jahrhunderte / Theater tri-bühne
Uraufführung - Auftragswerk des Festivals

Paulina Chiziane gehört zu den wenigen international bekannten afrikanischen Schriftstellerinnen, die nun auch ins Deutsche übersetzt werden. In ihrem Roman "Wind der Apokalypse" verarbeitet sie traumatische Erfahrungen aus der kolonialen und nachkolonialen Geschichte Mosambiks. Sie zeigt in dichter poetischer Sprache, wie mündliche Überlieferungen und Mythen Mosambiks im Bürgerkrieg wieder belebt werden, um Macht zu erobern und Menschen zu vernichten. 
Gesprochene Passagen (Stimme: Edith Koerber) aus dem Roman dienen für die Komposition Ulrich Süsses als Grundmaterial für Klänge, die einerseits die Menschlichkeit als Normalität und andererseits die Entfremdung davon hörbar zu machen suchen.
Dies geschieht mit elektronischen Mitteln als Äquivalent zur Entfremdung von der Normalität. Zwei Musiker gehen in ähnlicher Weise auf die Thematik ein: Es wird ein (alltägliches) afrikanisches Instrument (die Trommel) gespielt, dann aber ein (fremdes) westafrikanisches Instrument (die Kora) hinzugenommen. Diese Instrumente werden sowohl in ihrem natürlichen Klang hörbar, als auch elektronisch verfremdet.
Maceij Walczak wird mittels eines Computers die gleichen Ebenen visualisieren. Mit der Überschneidung und Überlagerung dieser Elemente versucht der auch in Südafrika lebende Ulrich Süsse nachzufühlen, wie sich Normalität mit dem Erleben von Apokalyptischem mischt. In der Hoffnung, dass die Menschlichkeit sich in Afrika letztendlich doch als Normalzustand durchsetzt.

Dauer der Aufführung: ca. 45 Minuten

Im Anschluss an die Aufführung: Paulina Chiziane liest aus ihren Werken!


Woza Albert! - eine Township-Fantasie

Von Mbongeni Ngema, Percy Mtwa und Barney Simon
The Market Theatre, Johannesburg

In englischer Sprache mit deutscher Übertitelung

Inszenierung: Sella Maake ka Ncube

Darsteller:
Peter Mashigo
Errol Ndotho

"Keiner macht politisches Theater besser als das Market Theatre aus Johannesburg, das einen Sturmwind voller Satire, Schauspielkunst, Gesang und Tanz nach England bringt.
Jesus Christus fliegt im Jumbo Jet von Jerusalem nach Johannesburg und geht nach Soweto, wo gedemütigte Schwarze auf den Knien vor den weißen Herren um Jobs betteln.
Das ist ein Stoff voller Zorn, natürlich, und es gibt aufgeladene Momente der Stille und Dunkelheit. Aber das Stück ist auch unglaublich komisch.
Mit bloßem Oberkörper und oft in einem einzigen Lichtspot erschaffen die agilen Schauspieler eine ganze wuselnde Township-Welt voller Straßenverkäufer, Friseure, Bosse - erkennbar an roten Nasen - und Jobsuchender.
Sie wechseln mit einem Ruck an der Hose oder einer Veränderung des Ganges von Charakter zu Charakter - vom schielenden Mann, der versucht, Nadel und Faden zusammenzubringen, bis hin zu Jesus, der auf dem Friedhof die Ikonen des schwarzen Widerstandes wiederauferstehen lässt.
Sensationell."
(The Stage)

Dauer: 1 Stunde 30 Minuten (mit Pause)


Happy Natives

Von Greig Coetzee
B&R Productions London / Baxter Theatre Centre, Kapstadt

- in englischer Sprache mit deutscher Übertitelung -

Inszenierung: Christine Harmar-Brown und Mark Rayment

Darsteller: Sello Sebotsane 
Ben Voss

"Aus dem Theater gehen mit Augen, die nun anders sehen und nie wieder auf die gewohnte Art sehen werden. Man stelle sich vor: Man sieht einen Außerirdischen, einen Dinosaurier, einen Diamanten in einem Stein oder zum ersten Mal einen Delphin. So geht es einem mit Greig Coetzees Happy Natives.
Ein Zweipersonenstück mit vielen Rollen über ein Südafrika, das nicht von einem Theater dokumentiert werden kann, das von "Elend", "Triumph über die Not" und "fröhlich tanzenden Eingeborenen" handelt - um Coetzee zu zitieren. 
In Happy Natives kommen u.a. ein schwarzer Schauspieler vor, der ein Haus in einem früheren Weißenviertel in Durban kauft, und zwei Schauspieler, die Businesstheater proben: 10 Minuten, in denen Investoren Südafrika präsentiert werden muss. Eine clevere, scharfsinnige Satire, die die Lücke zeigt zwischen den Bildern, die man von Südafrika hat und dem Leben, wie man es in Südafrika tatsächlich lebt.
Happy Natives ist ein äußerst intelligentes Stück, das sich weigert, alles für gegeben zu betrachten. Prickelnd!" 
(The Sunday Independant)

Dauer: ca. 1 Stunde und 30 Minuten.


Mein Aufstieg vom Tier zu einem menschenähnlichen Wesen

Von Franz Kafka / J.M. Coetzee
Theater tri-bühne

Inszenierung: Edith Koerber / Géza Révay

"Affe Rotpeter / Elizabeth Costello": Edith Koerber
"Graue Gestalten": Cornelius Nieden, Martin Rother, Tobias Strobel

"Edith Koerber ist die Hauptattraktion des Abends: eine Frau, die einen Mann spielt, der einen Affen spielt. Rasch legt sie die Maske ab. Mit einem reichen Repertoire an tierisch-menschlichen Lauten und Bewegungen führt Koerber Kafkas bitteren Spott vor: dass der vermeintliche Aufstieg des Affen zum Menschen im Frack in Wahrheit ein trauriger Abstieg aus den Höhen seines Tierreichs ist.
Das ist sehr gut gemacht, aber noch nicht sensationell. Es ist der zweite Teil, der auf einmal rückwirkend, den ganzen Abend erschütternd, in das erbarmungslos grelle Licht der Erkenntnis taucht. Fleischerhaken fahren ins Bild, das Affenkostüm wird drangehängt. Es ist nur ein Kostüm, und doch sieht man sofort das tote Tier und in ihm das ganze Schlachthof-Elend, sieht zugleich die Fleischerhaken von Plötzensee, an denen Hitler seine Feinde wie Vieh sterben sehen wollte.
Edith Koerber ist jetzt Elizabeth Costello, ein altes Fräulein, Literatin oder Naturkundlerin... Sie berichtet von Intelligenztests mit Schimpansen, die die Affen weit klüger erscheinen lassen als ihre menschlichen Prüfer. Und wie zwangsläufig wird ihr Vortrag - zitternd, stolpernd und doch flammend - zu einer großen Abrechnung, zu einer bewegenden Anklage. Gegen Menschen, die Tiere umbringen. Gegen Menschen, die Juden umbringen... Dieser Abend mit Kafka, Coetzee und Koerber ist großartig." (Winfried Roesner, SWR)

J.M. Coetzee - Literaturnobelpreisträger 2003!

Dauer: 1 Stunde 15 Minuten


Außerdem im Festival-Programm

6. Dezember, 20.00 Uhr
Feierliche Eröffnung des 6. Stuttgarter Europa Theater Treffens

Mit Henning Mankell und Edith Koerber
Eintritt: 10 Euro


13. und 14. Dezember, jeweils ab 11.00 Uhr
Lesung "Das Rätsel des Feuers"

Schüler lesen in Etappen aus dem Roman Henning Mankells.
Zwischendurch - zur Auflockerung - gibt es einen Trommel-Workshop mit Martin Moffor.
Eintritt: jeweils 5 Euro


Vorverkauf und Infotelefon 0711-2364610 (tri-bühne)

Abendkasse ab 5. Dezember 2003
Jeweils 2 Stunden vor Veranstaltungsbeginn im Theaterhaus

Eintrittspreise
Einzelpreis Euro 17,– (ermäßigt Euro 11,–)
Gruppenpreis ab 10 Personen Euro 15,– (ermäßigt Euro 10,–)     
   

 
Die Schirmherren des Festivals

Erwin Teufel, Ministerpräsident Baden-Württemberg
Dr. Wolfgang Schuster, Oberbürgermeister Stuttgart

 
Das SETT wird gefördert von
 




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last updated: 05.10.2006
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