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Miststück

von Béla Pintér

© Gabor Dusa
(Szutyok)
Béla Pintér and Company, Budapest (Ungarn)
Inszenierung: Béla Pintér
Musik: Róbert Kerényi
Kostüme: Mari Benedek
Bühne: Gábor Tamás
Masken, Puppen: Sosa Juristovszky
Darsteller: Zsófia Szamosi, Tünde Szalontay, Szabolcs Thuróczy, Éva Enyedi, László Quitt, Viktor Nagy, Zoltán Friedenthal, Hella Roszik, Béla Pintér
In ungarischer Sprache mit deutschen Übertiteln
Dauer: 1:50 h

Béla Pintér

Autor und Regisseur Béla Pintér wurde 1970 in Budapest geboren. Er begann seine Laufbahn als Schauspieler beim Szkéné-Theater der Technischen Universität Budapest, einem der ersten ungarischen Off-Theater. 1998 gründete er am Szkéné-Theater der TU Budapest seine eigene Kompanie „Béla Pintér and Company” (Pintér Béla és Társulata) und begann eigene Stücke zu schreiben und Regie zu führen. Mehrmals erhält die Kompanie den ungarischen Kritikerpreis für die beste freie Theaterproduktion des Jahres. 2004 gelingt mit den Produktionen „Parasztopera” (Bauernoper) und „Roncsolt Kópia” (Zerkratztes Zelluloid) der internationale Durchbruch. Pintér integriert in seine Arbeiten häufig ungarische Volksmusik und -tänze in ungewöhnlichen und ironischen Darstellungen.

Béla Pintér zählt zurzeit zu den bedeutendsten Vertretern des ungarischen Theaters. Seine Stücke werden zu zahlreichen internationalen Festivals eingeladen.
 

„Anhand einer ins Groteske mündenden Bauernfabel legt Béla Pintér mit einfachsten Mitteln die Missstände einer Gesellschaft im Mikrokosmos bloß.” (kulturkritik.ch)
 

„Verzweiflung ist ein denkbar schlechter Ratgeber: Sie frisst sich tief ins Gemüt und untergräbt das Urteilsvermögen. Oder wie sonst lässt es sich erklären, dass Attila und Irén in kopfloser Hast zwei 15jährige Mädchen adoptieren, weil sie gerade erfahren haben, dass Irén nach zahlreichen Versuchen, ein Kind zu bekommen, die Gebärmutter entfernt werden musste? Dies ist die Ausgangssituation von Béla Pintérs ‚Miststück‘. Mit schwarzem Witz und minutiöser Genauigkeit zeigen der ungarische Autor, Regisseur sowie Schauspieler und seine Company Eskalationen in einem dörflichen Mikrokosmos. Mit eindringlicher Intensität und gelegentlicher Abstraktion spielt das beeindruckende Ensemble auf einem leeren Bühnenstreifen. Begleitet und kommentiert wird das Geschehen von einem barfüßigen Flötisten, der im Hintergrund auf einem Hochsitz hockt. Ohnehin wird viel gesungen und musiziert in diesem Stück, eine Folklore, von der man sich nicht täuschen lassen darf: Denn dies ist keine Provinzposse.

Mit boshafter Überzeichnung erzählen Béla Pintér und seine Company von egoistischen, froststarren Menschen, die weder Empathie noch Liebe für ihre Nächsten empfinden können – ja, wohl noch nicht mal für sich selbst. Dennoch oder gerade darum gehen ihnen Liebesbezeugungen von den Lippen, als wögen sie nichts. Attila und Irén sind gierige Kapitalisten, wie der Dorfbewohner Béla einmal sagt, die alles haben wollen, was sie kriegen können – gestillt sei ihr Hunger nie.

Hinter der vorgeblichen Verdorbenheit der Heimkinder stehen ihre Möchtegern-Eltern kaum zurück: Die Zigeunerin Anita stiehlt und lügt, und wenn alles nichts hilft, dann legt sie einen erbarmungswürdigen Heulkrampf hin. Die zornige Rózsi hat einen ausgeprägten Sinn für Gerechtigkeit, sie macht für jeden die Beine breit und weiß nicht, wie sie ihre Gefühle artikulieren soll. Es ist herzzerreißend, wenn sie ihren Adoptiveltern ein großes Geschenk macht: Sie hat sich ihre Namen auf die Brust tätowieren lassen. Nach langer Überlegung den von Irén auf der linken Seite, über ihrem Herzen, wegen ihrer Güte. Doch ihre Liebesbezeugung erntet bloß stilles Entsetzen, stocksteif stehen Attila und Irén da. Er fasst sich schneller und geht zum Angriff über: … verletzt stürmt Rózsi hinaus und die Grausamkeit geht ins Mark.

Das Erscheinen der ungleichen Blutsschwestern macht Risse im sozialen Gefüge sichtbar. In Pintérs Parabel sind es die Indikatoren, die auf grundsätzlichere Übel zeigen: auf eine überalterte Gesellschaft, auf Fremdenhass und blinde Selbstsucht. Raffiniert entblättert Pintér allmählich ihre Abhängigkeits- und Machtbeziehungen, offenbart ihre Korruptheit: Jeden Moment kann sich der Wind drehen, in den ein jeder von ihnen sein Meinungsfähnchen hängt. Erschütternd bekannt kommen einem diese Gefühlsverkommenen mit ihrem wachsweichen Rückgrat vor, von denen ein jeder nur auf seinen eigenen Profit schielt mit bestechender Unfähigkeit, sich anders zu verhalten. Repräsentieren sie ausschließlich den Rechtsruck in Ungarn? Oder sind wir globalisierten Schwerarbeiter und Allesverschlinger, fragt man sich nachher, alle solch korrumpierten Krüppel?” (Nachtkritik)

Béla Pintérs Stück, voll schwarzen Humors und psychologischer Genauigkeit, ist zugleich Traumspiel und Realsatire. „Miststück” wurde im März 2010 in Budapest uraufgeführt, hatte seine deutsche Erstaufführung 2010 bei den Theaterformen Hannover und war u. a. zu internationalen Festivals wie dem Zürcher Theaterspektakel und Theater der Welt / Theater an der Ruhr eingeladen.
 

23 Nov | Sonntag | 20:00 Uhr | Ort: Theater tri-bühne

Preise: 19 € (ermäßigt 14 €).

Ermäßigungsberechtigt: Schüler, Azubis, Studenten, Arbeitslose, Sozialhilfeempfänger und Schwerbehinderte.
(Begrenztes Kontingent für ermäßigte Karten , frühe Bestellung ratsam!)

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