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Die falsche Zofe

von Marivaux

Anne Brochet (Der Chevalier) und Christine Brücher (Die Gräfin)
Originaltitel in französischer Sprache: La Fausse Suivante
Théâtre des Bouffes du Nord, Paris (Frankreich)
Koproduktion Centre Dramatique National d’Orléans / Loiret / Centre
Inszenierung: Lambert Wilson
Künstlerische Zusammenarbeit: Cécile Guillemot
Licht: Françoise Michel
Bühne: Sylvie Olivé
Kostüme: Olivier Bériot
Direktion Gesang, Arrangements, Original-Chanson: Pierre-Michel Sivadier
Choreografie: Laurence Fanon
Der Chevalier: Anne Brochet
Die Gräfin: Christine Brücher
Arlequin: Éric Guerin
Frontin: Pierre Laplace
Trivelin: Francis Leplay
Lelio: Fabrice Michel
Die Gouvernante: Ann Queensberry
In französischer Sprache mit deutschen Übertiteln
Dauer: 2 Stunden 5 Minuten (ohne Pause)

Lambert Wilson über das Stück:

Als Micheline Rozan und Peter Brook mir vorschlugen, wieder im Bouffes du Nord zu inszenieren, habe ich sofort an Die Falsche Zofe gedacht. Das Stück hatte ich zum ersten Mal auf englisch im National Theatre in London für mich entdeckt. Und all die Jahre war es in mir, weniger wegen der prachtvollen Sprache, als wegen der Verblüffung, die das kühne Thema in mir ausgelöst hatte: das Geld.

Im Unterschied zu anderen Stücken von Marivaux dreht es sich in „Die Falsche Zofe” mehr um das Geld als um die Liebe. Tatsächlich geht es eigentlich nur darum. Die Liebe ist nur ein Vorwand, eine Illusion, eine zerbrechliche Papiermaske. Mit einer Sprache, deren Geist für alle eine Waffe ist, erzählt Marivaux schalkhaft eine Geschichte über Rache. Die Rache von Frauen an geldgierigen und schurkenhaften Männer. Die Rache auch von einer Frau, die den Frauen eine Lehre erteilen will, die auf Grund von Frivolitäten oder Schwächen ihre Würde verloren haben. In dem nebelhaften Spiel der Konversationen, der Zweideutigkeiten von Identität und des Verbergens von sozialer Stellung findet ein Wettstreit um Ideen und Stolz statt. Die Klassenkonfrontation wiederholt sich unermüdlich. In „Die Falsche Zofe” sind die Frauen Beute, sie sind reich. Und die Männer, die sie verführen oder sich ihrer bedienen, sind alle geldgierig.

Wir leben in einer materialistischen Gesellschaft, in der es seit langem keine Illusionen mehr gibt, keine politischen sowie utopischen Träume, und in der jeder kämpft, um seinen Arbeitsplatz zu behalten, um genug Geld für den Lebensunterhalt zu verdienen, um seine Privilegien oder seine ‚stock-options’ um jeden Preis beizubehalten. In dieser Zeit der finanziellen Krise haben wir alle nur das Geld im Kopf, wir sprechen nur darüber, ohne Hemmungen. Geld ist in aller Munde, steht auf allen Titelseiten.

In diesem Zusammenhang habe ich eine mir bisher unbekannte Welt entdeckt, die in Wirklichkeit die Grundlage für unsere Gesellschaft bildet, wie das metallene und unsichtbare Gerüst moderner Bauwerke: die Welt der Notare, der Erbschaften, der Güterstände, der Erbengemeinschaften, der Abstandssummen. Eine von Marivaux vor zweieinhalb Jahrhunderten beschriebene Welt, die bis heute überdauert hat und mit ihrer unerbittlichen Wirklichkeit diejenigen von uns gnadenlos verfolgt, die am wenigsten materialistisch eingestellt sind.

 

Der Blick für das Detail, feiner Humor und ein Sinn für das Musikalische prägen bis zur Vollkommenheit die Inszenierung Lambert Wilsons. Machenschaften und Intrigen werden mit stumpfem Degen geführt, die Brutalität von Attacken versteckt sich unter einer Maske von ausgesuchter Höflichkeit, man kann sogar singen und tanzen, um die von finanziellen Interessen und niederträchtigen Zugeständnissen beherrschte traurige menschliche Realität zu vergessen.
Der Regisseur überträgt die Handlung in das englische Landleben der zwanziger Jahre und inszeniert auf geglückte Weise den Tanz des falschen Scheins und der zerstörten Illusionen, bei dem die wahre Liebe das Spiel seit langem verloren hat gegen die Gier nach Geld …
Mit ganz neuen Feminismusakzenten feiert Marivaux den Sieg der geistigen Unabhängigkeit, wobei er hinter der Bravour einer bewundernswerten Sprache die Grausamkeit des sozialen Systems sprießen lässt. In einer Ausstattung aus hellen Tüchern, hinter denen eine jede Figur permanent spioniert, lügt und Tatsachen verdreht, findet die Rolle des ‚Ritter’ in Anne Brochet eine mitreißende Darstellerin. Es ist phantastisch mitzuerleben, wie sich diese Schauspielerin im Laufe des Abends entfaltet, die so wunderbar ihr jungenhaft androgynes Aussehen ausspielt, bevor der ganze Charme ihrer Weiblichkeit am Schluss enthüllt wird …”
(Bruno Buvet | webthea.com)

01 Dez | Mittwoch | 20:00 Uhr | Ort: JES
02 Dez | Donnerstag | 20:00 Uhr | Ort: JES

Preise: 22,– EUR normal / 12,– EUR ermäßigt.

Ermäßigungsberechtigt: Schüler, Azubis, Studenten, Wehr- und Zivildienstleistende, Arbeitslose, Sozialhilfeempfänger und Schwerbehinderte.

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